Asyl weltweit 2023

Vorbemerkung

In einem Asylverfahren wird von staatlichen Behörden (in manchen Fällen auch von UNHCR) individuell überprüft, ob die Flüchtlingseigenschaft oder die Voraussetzungen für einen anderen Schutzstatus vorliegen.

Geflüchteten Personen kann allerdings – wenn offensichtlich ist, dass die meisten Personen Flüchtlinge sind – auch ohne Asylverfahren aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe der Flüchtlingsstatus oder temporärer Schutz zuerkannt werden. Gruppenanerkennungen von Flüchtlingen erfolgen häufig in afrikanischen Staaten. Temporären Schutz erhalten zum Beispiel UkrainerInnen in den EU-Staaten, SyrerInnen in der Türkei und anderen Nachbarstaaten oder Rohingya aus Myanmar in Bangladesch.

Die rechtlichen Regelungen zum Flüchtlingsschutz, die Verfahrensbestimmungen, aber auch die statistische Aufbereitung der Daten aus dem Asylbereich unterscheiden sich in den einzelnen Staaten. Daher sind Vergleiche zwischen Staaten immer mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten.

Asylanträge

Die Zahl der Asylanträge bezieht sich im Folgenden auf Erstanträge. Von einigen wenigen Staaten, für die keine separaten Daten für Erst- und Mehrfachanträge zur Verfügung stehen, wurde die Gesamtzahl der Asylanträge verwendet.

Es gibt allerdings keine Daten, ob eine Person nach einem erfolgten Asylantrag in einen anderen Staat weitergereist ist und dort neuerlich um Schutz angesucht hat. Staaten, die vor allem Transitstaaten für Geflüchtete sind, können eine hohe Zahl an Asylanträgen aufweisen, obwohl nur wenige AsylwerberInnen tatsächlich im Land verbleiben.

Seit 2014 wird eine deutlich höhere Zahl an Asylanträgen gestellt als in früheren Jahren. Die geringeren Antragszahlen 2020 und 2021 waren vor allem auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen. 2022 war dann allerdings mit 2,57 Millionen das Jahr mit den bisher meisten Schutzansuchen.

2023 wurden bis Ende Juni bereits 1,58 Millionen neue Asylanträge registriert.

Anmerkung: Für die Jahre 2000 bis 2005 sind in der UNHCR-Datenbank nur Daten zu den Gesamtasylanträgen (d.h. inklusive Mehrfachanträgen) verfügbar. Ab 2006 liegen dann für die meisten Staaten Zahlen zu Erstasylanträgen vor. Für die wenigen Staaten, für die es keine separaten Daten zu Erstanträgen gibt, wurde die Zahl der Gesamtasylanträge verwendet.

Ein Drittel aller im ersten Halbjahr 2023 gestellten Asylanträge entfiel auf die USA. Andere Staaten mit mehr als 50.000 Schutzansuchen waren Deutschland, Spanien, Mexiko, Frankreich, Italien und Kanada.

47 Prozent der Asylansuchen wurden in amerikanischen, 33 in europäischen, 16 in afrikanischen und 3 in asiatischen Staaten gestellt.

Die Zahl der Asylansuchen in den Vereinigten Staaten stieg 2022 sprunghaft auf 730.000 an. Für 2023 ist ein noch höherer Wert zu erwarten.

Was die Herkunftsstaaten betrifft, wurden 2023 bis Ende Juni die meisten Asylanträge von Staatsangehörigen Venezuelas, Kubas, Kolumbiens und Afghanistans gestellt.

Auf amerikanische Herkunftsstaaten entfielen 42, auf asiatische 30, auf afrikanische 17 und auf europäische 10 Prozent aller Asylansuchen.

Von Personen aus Kolumbien und dem Sudan wurde 2023 bereits bis Ende Juni ein neuer Höchstwert an Asylanträgen registriert.

AsylantragsstellerInnen aus Venezuela, Kuba, Kolumbien, Nicaragua, Honduras, Russland und Indien suchten am häufigsten in den USA um einen Schutzstatus an. Personen aus Afghanistan, Syrien und der Türkei stellten in Deutschland die meisten Asylanträge. Andere Hauptzielstaaten für Schutzsuchende aus einem bestimmten Herkunftsland waren Mexiko (für Personen aus Haiti), Ägypten (aus dem Sudan), Kenia (aus Somalia), Togo (aus Burkina Faso), Tansania (aus der DR Kongo) und die Zentralafrikanische Republik (aus dem Tschad).

In den USA, Spanien und Brasilien bildeten Menschen aus Venezuela die größte Gruppe unter den Asylsuchenden. In Deutschland und Österreich wurde die höchste Zahl an Asylanträgen von syrischen Staatsangehörigen, in Frankreich und im Vereinigten Königreich von afghanischen und in Italien von Personen aus Bangladesch gestellt. Mexiko war der Hauptherkunftsstaat von AsylwerberInnen in Kanada, Haiti in Mexiko, Nicaragua in Costa Rica, der Tschad in der Zentralafrikanischen Republik, Somalia in Kenia und Uganda, der Sudan in Ägypten und Burkina Faso in Togo.

Offene Asylverfahren

Die folgenden Daten bezieht sich auf die Zahl der AsylwerberInnen, deren Asylverfahren am Jahresende bzw. für 2023 Ende Juni noch nicht abgeschlossen war.

Neben der Zahl der neuen Asylanträge hat die Verfahrensdauer einen maßgeblichen Einfluss auf die Zahl der AsylwerberInnen mit offenem Verfahren.

Von 2013 bis 2022 hat sich die Zahl der AsylwerberInnen, die noch auf den Ausgang ihres Verfahrens warteten, von 1,2 auf 5,4 Millionen erhöht. Im ersten Halbjahr 2023 gab es einen neuerlichen Anstieg auf 6,1 Millionen.

Die meisten offenen Asylverfahren gab es Ende Juni 2023 in den USA, in Peru, Deutschland, in der Türkei und Mexiko.

Seit 2014 hat sich die Zahl der noch nicht entschiedenen Verfahren in den USA von 188.000 auf 2,2 Millionen erhöht.

Die mit Abstand meisten Personen mit einem offenen Asylverfahren stammten zu Jahresmitte 2023 aus Venezuela. Andere Herkunftsstaaten von AsylwerberInnen mit einer hohen Anzahl an noch nicht entschiedenen Verfahren waren Afghanistan, Kuba, Nicaragua, Irak, Kolumbien und Honduras.

In den letzten Jahren stieg vor allem die Zahl der AsylwerberInnen aus lateinamerikanischen Staaten, die auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warteten, stark an.

Die meisten offenen Verfahren von AsylwerberInnen aus Venezuela gab es zu Jahresmitte 2023 in Peru und in den USA.

In den USA stammten viele Personen, die auf den Ausgang ihres Schutzansuchens warteten, aus verschiedenen lateinamerikanischen Staaten. In Peru betrafen noch nicht entschiedene Asylanträge vor allem Staatsangehörige Venezuelas.

Entscheidungen in Asylverfahren

Asyl wird nach der Genfer Flüchtlingskonvention Personen erteilt, die eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe glaubhaft machen können.

Staaten können Menschen, die zwar nicht die Kriterien für die Anerkennung als Flüchtling erfüllen, aber dennoch nicht in ihren Herkunftsstaat zurückkehren können, weil ihr Leben oder ihre Sicherheit dort gefährdet ist (z.B. durch Krieg, Unruhen oder Folter), einen komplementären (subsidiären, humanitären) Schutzstatus erteilen.

Gründe für die Einstellung eines Asylverfahrens können zum Beispiel der Tod der antragsstellenden Person, das Nichterscheinen bei Einvernahmen (z.B. wenn die Person in einen anderen Staat weitergereist ist), die Zurückziehung des Antrags oder dass ein anderer Staat als zuständig für die Überprüfung des Asylantrags bestimmt wurde, sein.

2023 wurden bis Ende Juni weltweit 1,09 Millionen Entscheidungen in Asylverfahren getroffen. In 258.226 Fällen (24 Prozent) wurde der Flüchtlingsstatus und in 112.395 Fällen (10 Prozent) komplementärer Schutz zuerkannt. 266.247 Asylverfahren (24 Prozent) endeten mit einer Ablehnung des Antrags. 454.887 Verfahren (42 Prozent) wurden – ohne dass eine inhaltliche Prüfung stattgefunden hat – eingestellt.

Ohne Verfahrenseinstellungen waren 41 Prozent Asylgewährungen, 18 Prozent Zuerkennungen von komplementärem Schutz und 42 Prozent Ablehnungen.

In Brasilien erhielten fast alle Personen, deren Asylantrag inhaltlich überprüft wurde, Asyl (viele von ihnen kamen aus Venezuela). In Mexiko, Kanada, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Spanien waren etwa zwei Drittel der Entscheidungen Schutzgewährungen.

Die höchste Ablehnungsquoten der Staaten, in denen die meisten Entscheidungen getroffen wurden, hatten Schweden, Italien und Frankreich.

In Libyen wurde der Großteil der Asylverfahren (die dort von UNHCR durchgeführt werden) wieder eingestellt. Ein hoher Anteil an Verfahrenseinstellungen konnte auch in Brasilien, den USA und in der Türkei beobachtet werden.

Der Anteil von Schutzgewährungen ist immer auch davon abhängig, aus welchen Herkunftsstaaten der Großteil der AsylwerberInnen in einem bestimmten Staat kommt.

Asylsuchende aus Venezuela, Afghanistan und Syrien – den drei Herkunftsnationalitäten, für die die meisten Entscheidungen (ohne Verfahrenseinstellungen) getroffen wurden – erhielten sehr häufig Asyl oder komplementären Schutz. Die höchste Quote an Asylanerkennungen hatte Eritrea aufzuweisen.

Eine hohe Ablehnungsquote gab es bei Asylanträgen von Staatsangehörigen Georgiens und Bangladeschs.

Viele Asylverfahren von Personen aus Haiti und Kuba wurden eingestellt.

Schutzgewährungen nach Asylverfahren

In diesem Abschnitt sind nur Schutzgewährungen, die im Rahmen eines individuellen Asylverfahrens erfolgten, berücksichtigt. Es ist allerdings zu beachten, dass zusätzlich 309.900 Personen den Flüchtlingsstatus im Rahmen von Gruppenanerkennungen und 500.700 Menschen temporären Schutz erhielten (vgl. UNHCR-Halbjahresbericht für 2023).

2023 wurde im ersten Halbjahr weltweit 370.621-mal in Asylverfahren Schutz zuerkannt. Im gesamten Vorjahr gab es 716.761 Zuerkennungen von Asyl oder komplementärem Schutz. Die höchste Zahl an Schutzgewährungen wurde 2016 registriert (899.875).

Die meisten Gewährungen von Asyl oder eines komplementären Schutzstatus hatte im ersten Halbjahr 2023 Deutschland zu verzeichnen.

In Brasilien wurde bereits zu Jahresmitte ein neuer Höchstwert an Schutzgewährungen registriert, Spanien und die USA werden einen solchen mit hoher Wahrscheinlichkeit bis Jahresende erreichen.

Der Flüchtlingsstatus wurde am öftesten in Brasilien und den USA zuerkannt, komplementärer Schutz in Deutschland und Spanien.

Die meisten Schutzgewährungen gab es 2023 bis Ende Juni für Staatsangehörige Venezuelas, Syriens und Afghanistans.

Bei Personen aus Venezuela war im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg der Schutzgewährungen nach einem Asylverfahren zu beobachten, bei UkrainerInnen hingegen ein deutlicher Rückgang.

Die höchste Zahl an Asylgewährungen betraf 2023 bisher Personen aus Afghanistan, jene an Zuerkennungen von komplementärem Schutz Menschen aus Syrien.

Asylsuchende aus Venezuela erhielten am öftesten in Brasilien Schutz, jene aus Syrien und Afghanistan in Deutschland.

In Deutschland bildeten SyrerInnen, in Brasilien und Spanien VenezolanerInnen und in den USA und Frankreich AfghanInnen die größte Gruppe unter den Personen, denen Schutz gewährt wurde.

Anmerkungen

Alle verwendeten Zahlen (abgerufen am 5.3.2024) stammen aus der Datenbank von UNHCR. Daten zu Asylanträgen und Asylentscheidungen sind dort ab 2000 verfügbar, zu den AsylwerberInnen mit offenem Verfahren ab 1993.

Werte kleiner als 5 (und bei Asylentscheidungen auch noch Werte zwischen 5 und 10) werden in der UNHCR-Statistik auf 0, 5 bzw. 10 ab- oder aufgerundet.

Die in der UNHCR-Datenbank angegebenen Zahlen zu Österreich stimmen mit jenen der vom Innenministerium in den Asylstatistiken veröffentlichten überein. Geringfügige Abweichungen ergeben sich durch die Rundungen bei kleinen Werten in der UNHCR-Datenbank.

Die Daten zu komplementärem Schutz bei UNHCR entsprechen jenen zu subsidiärem Schutz in der BMI-Statistik, die Verfahrenseinstellungen den „sonstigen“ Entscheidungen und die Ablehnungen den rechtskräftigen Ablehnungen zu subsidiärem Schutz (wobei hier Ablehnungen im Zulassungsverfahren nicht enthalten sind).

Datenquellen: