Nach dem am 24.2.2022 begonnen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die EU am 4.3.2022 die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms aktiviert. Dadurch erhalten Vertriebene aus der Ukraine Schutz, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Der vorübergehende Schutz gilt vorerst bis März 2025.
Durchführungsbeschluss zur Feststellung eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine, Artikel 2:
Personen, für die der vorübergehende Schutz gilt
(1) Dieser Beschluss gilt für die folgenden Gruppen von Personen, die am oder nach dem 24. Februar 2022 infolge der
militärischen Invasion der russischen Streitkräfte, die an diesem Tag begann, aus der Ukraine vertrieben wurden:
a) ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
b) Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine
internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben, und
c) Familienangehörige der unter den Buchstaben a und b genannten Personen.
(2) Die Mitgliedstaaten wenden entweder diesen Beschluss oder einen angemessenen Schutz nach ihrem nationalen
Recht auf Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine an, die nachweisen können, dass sie sich
vor dem 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten
Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr
Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren.
(3) Nach Artikel 7 der Richtlinie 2001/55/EG können die Mitgliedstaaten diesen Beschluss auch auf andere Personen,
insbesondere Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine anwenden, die sich rechtmäßig in der
Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können.
Bei allen Zahlen zum vorübergehenden Schutz in Frankreich ist zu berücksichtigen, dass diese im Gegensatz zu allen anderen Staaten nur Erwachsene beinhalten.
Begünstigte von vorübergehendem Schutz
Die folgenden Daten beziehen sich auf die Anzahl der Personen, die in den EU- und EFTA-Staaten über einen aufrechten vorübergehenden Schutzstatus verfügen.
Ende August 2023 hatten 4,28 Millionen aus der Ukraine geflüchtete Personen in den EU- und EFTA-Staaten ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht, 4,16 Millionen in den 27 EU- und 122.000 in den 4 EFTA-Staaten.
Anmerkung: Die Entwicklung der Zahl der Personen mit vorübergehendem Schutz kann wegen fehlender Daten für einzelne Staaten erst ab Ende August 2022 dargestellt werden. Insbesondere für Deutschland sind Daten erst ab diesem Zeitpunkt bei Eurostat verfügbar.
Die meisten Personen mit vorübergehendem Schutz hielten sich Ende August 2023 in Deutschland (1,18 Millionen) und Polen (961.000) auf.
Den höchsten Anteil von Geflüchteten aus der Ukraine an der Gesamtbevölkerung hatte mit 3.472 Personen pro 100.000 EinwohnerInnen Tschechien aufzuweisen.
Frankreich hat gemessen an der Bevölkerungszahl den geringsten Anteil. Das gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass bei Frankreich Daten zu Minderjährigen fehlen: nimmt man nur die Erwachsenen als Basis, gibt es in Frankreich 99 Begünstigte von vorübergehendem Schutz pro 100.000 EinwohnerInnen, in Italien und Griechenland (den beiden Staaten mit den nächstniedrigsten Werten) 179, in Tschechien (höchster Wert) 2.533.
Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Personen mit vorübergehendem Schutz in den EU- und EFTA-Staaten insgesamt um 351.820 gestiegen. Den mit Abstand höchsten Zuwachs hatte Deutschland zu verzeichnen. Die größten Rückgänge waren in Tschechien, Österreich und Schweden zu beobachten (wobei anzumerken ist, dass der Grund dafür vermutlich eine Datenbereinigung ist, da sich in diesen drei Staaten die Zahl der Begünstigten von Februar auf März 2023 markant reduziert hat, seitdem aber wieder angestiegen ist).
98 Prozent der Geflüchteten mit vorübergehendem Schutz waren Ende August 2023 ukrainische Staatsangehörige. 63 Prozent waren weiblich, 37 männlich. Ein Drittel der Personen war minderjährig, zwei Drittel erwachsen.
Erteilungen von vorübergehendem Schutz
Diese Zahlen beziehen sich auf alle Gewährungen von vorübergehendem Schutz, die im jeweiligen Zeitraum in den EU- und EFTA-Staaten erteilt wurden. Personen, denen in einem Staat Schutz gewährt wurde, können aber mittlerweile in andere Staaten weitergereist oder auch in die Ukraine zurückgekehrt sein.
Insgesamt gab es in den EU- und EFTA-Staaten 5,19 Millionen Zuerkennungen von vorübergehendem Schutz für Vertriebene aus der Ukraine. Der Großteil davon erfolgte von März bis Juni 2022. Zuletzt lag die Zahl der monatlichen Schutzgewährungen pro Monat bei 85.000 bis 90.000.
2022 wurden in Polen 1,57 Millionen Gewährungen von vorübergehendem Schutz registriert (davon 1,10 Millionen bereits im März und April). Heuer waren bisher Deutschland (189.920 Schutzgewährungen bis Ende August) und Polen (169.415) die beiden Staaten mit der höchsten Anzahl.
2023 war der Anteil der männlichen und der erwachsenen Personen, die vorübergehenden Schutz erhalten haben, höher als im Vorjahr.
Asylanträge von ukrainischen Staatsangehörigen
Erst ab 2014 wurde in den EU- und EFTA-Staaten eine größere Anzahl an Asylanträgen von ukrainischen Staatsangehörigen registriert. Der Großteil der Asylanträge im Jahr 2022 erfolgte in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Beginn der russischen Invasion und dem Inkrafttreten der Regelungen über den vorübergehenden Schutz. In diesem Jahr wurden bis Ende Juli 9.260 Asylanträge von UkrainerInnen gestellt.
2022 und 2023 wurden in Asylverfahren nur noch wenige Anträge von Personen aus der Ukraine abgelehnt. Erteilt wurde meist subsidiärer Schutz.
Anmerkungen
Die in diesem Artikel verwendeten Daten wurden am 24.10.2023 von der Eurostat-Website abgerufen. Die Daten werden von Eurostat laufend aktualisiert. Es ist daher möglich, dass die in den Grafiken verwendeten Zahlen von den aktuell auf der Eurostat-Webseite angegebenen Werten geringfügig abweichen.
Die angegebenen Zahlen zum vorübergehenden Schutz beziehen sich auf alle Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit (im Data-Browser von Eurostat werden hingegen in der Standardansicht nur die Personen aus Nicht-EU-Staaten angezeigt).
In den Statistiken von Eurostat sind alle angegebenen Werte auf Vielfache von 5 gerundet. Bei Berechnungen mit diesen gerundeten Daten können leichte Ungenauigkeiten entstehen (werden z.B. 10 Werte addiert, kann die Summe um ±20 vom tatsächlichen Wert abweichen).
Die Gesamtzahl der Erteilungen von vorübergehendem Schutz für 2023 wurde aus der Summe der gerundeten Monatsdaten berechnet.
Die Entwicklung der Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine bis August 2022 kann nur unvollständig wiedergegeben werden, da nicht für alle EU- und EFTA-Daten vollständige Daten bei Eurostat verfügbar sind. Für Deutschland – neben Polen der wichtigste Aufnahmestaat – fehlen Daten zu den Gewährungen und den Begünstigten von vorübergehendem Schutz bis Juli 2022. Für Ungarn sind Zahlen zu den Begünstigten erst ab Mai 2022, für Österreich ab Juli 2022 vorhanden.
Für Frankreich fehlen in den Eurostat-Statistiken zum vorübergehenden Schutz Zahlen zu Minderjährigen, da für sie keine eigene Aufenthaltsberechtigung ausgestellt wird. Beim Vergleich mit anderen Staaten ist daher zu berücksichtigen, dass die Daten zu Frankreich – abgesehen von einer sehr geringen Zahl an 14 bis 17-Jährigen – nur Erwachsene beinhalten.
Für Irland fehlen Daten zur Alters- und Geschlechtsstruktur der Personen mit vorübergehendem Schutz, für Ungarn jene zur Altersstruktur.